Der Donnerstag hat seinen Betrieb auf unbestimmte Zeit eingestellt. d. Red.

DÜSSELDORFMANUEL GRAF: MEDITERRANEO

Kunst versus Mittelmäßigkeit

24. Januar 2011 von Michael Staiger
Die Ausstellung Mediterraneo von Manuel Graf besteht aus einer Videoarbeit, mehreren Fotografien und kleineren, auf Tischchen ausgestellten Objekten. Das Video handelt vom Mittelmeer als der Wiege der (westlichen) Zivilisation und dessen fragiler Entwicklung im Laufe der 3000 Jahre vor Christus. Die im nächsten Raum ausgestellten Objekte scheinen eine Mischung aus (Tee-)Kannen und Lehmgebäuden zu sein. Dazu gibt es noch etwas undeutliche Fotografien von Küsten.
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Einladungskarte zu "Mediterraneo" von Manuel Graf
Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Im schlimmsten Fall könnte man sagen, die Ausstellung versucht die Wurzeln unserer Kultur und damit auch unserer Kunst zu entdecken. Diese Lesart wirft allerdings die Frage auf, warum denn gerade der Zeitraum zwischen ca 3000 ... weiterlesen »

LEIPZIGTIMM RAUTERT: TEXT, NEUE ARBEITEN

Die Fotografie ist böse

24. Januar 2011 von Bobby Briggs
Timm Rauterts Gastspiel in der Leipziger Kleindienst Galerie war für viele die Rückkehr eines ehrenhaft verabschiedeten Hochschulprofessors als „angry old man“. Die umfangreiche Schau neuerer Arbeiten der letzten Jahre wiesen dabei zahlreiche Rückbezüge auf sein bildanalytisches Werk auf. Das heißt: Skepsis gegenüber der Fotografie und ihrem viel be- und abgesungenem Wahrheitsgehalt, versinnbildlicht vor allem im tiefschwarzbelichteten Barytpapier, das aller Information und Indexikalität beraubt als Garant für das wohlreflektierte Post-Fotografische einzustehen hat – und obligatorischer Teil (fast) jeder ausgestellten Arbeit ist. Nicht unkomplex wird das Thema in der 3-teiligen Arbeit „Crazy Horse“ verhandelt: Sie besteht aus einem Wandtext, der die Geschichte des gleichnamigen Indianerhäuptlings rekapituliert, von dem keine Fotografien existieren – dem weitverbreiteten Cliché entsprechend glaubte er, sie raube ihm die Seele. Aus welchen Gründen auch immer wurde eben dieser Name für eine Vielzahl westlicher Kulturgüter verwendet und immer wieder (und stets erfolglos) von dem betroffenen Stamm eingeklagt. So unter anderem im Fall des Pariser Nachtlokals „Crazy Horse“, das der junge Leica-bestückte Timm Rautert 1974 fotografierte.
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"Crazy Horse II", 2010 (Foto: Galerie Kleindienst)
Interessant ist vor allem der dritte Teil, bestehend aus einer Farbfotografie, dem obligatorischen Schwarzbild sowie einem Bildschirm, der ein prominentes, vielleicht das prominenteste Stück Netzkultur des ausgehenden Jahres 2010 wiedergibt. Man glaube es oder nicht: der Hubschrauber, durch dessen on ... weiterlesen »

BERLINWO STEHST DU, KOLLEGE?

Wetten, dass... Kunstkritik?

20. Januar 2011 von Paul Cohn
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Gala mit Staraufgebot: Ausstellung und Symposium zum Jubiläum
Eine unlängst in Berlin gefeierte Galashow der bekannten Kunstzeitschrift "Texte zur Kunst" hinterließ in manchem Kopf ein pessimistisches Bild über den aktuellen Zustand kunstkritischer Reflexion in Deutschland. Den zwanzigsten Geburtstag der Zeitschrift hatte man zum Anlass genommen, eine dringende Aufgabe in Angriff zu nehmen. Die Abwesenheit einer expliziten Auseinandersetzung mit den Methoden der Kritik zeitgenössischer Kunst sowie der eklektische Mix von verschiedenen Methoden in der Kunstgeschichte mache es notwendig, über die eigenen Verfahrensweisen kritisch zu reflektieren. Methodenreflexion - die Wissenschaftlichkeit der Kunstkritik, ihr Wert, ja ihre Legitimation stehen damit auf dem Spiel. Solche großen Ansagen scheinen aber heute davon befreit, ihr Versprechen am Ende einlösen zu müssen. Stören tut das die Wenigsten. Die große Klappe gehört in der Kunst heute zum guten Ton. Diese Gala wollte hip und sexy sein, mit einem Hauch von Glamour, erinnerte aber vielmehr an eine Mischung aus „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“ und „Wetten dass...!“
Einer schwülstigen Ansprache zum zwanzigsten Geburtstag der Erfolgszeitschrift folgte Diedrich Diederichsen mit einer Polemik gegen den gegenwärtigen Kunstbetrieb, deren sarkastische Geste dem Publikum das Signal zum Lachen gab. Wer sich hier mehr erwartet hatte als das, was man als Teil ... weiterlesen »

DIE SAMMLUNGEN BOROS, HOFFMANN & OLBRICHT

Berlin privat

11. Januar 2011 von Niele Büchner
Im aktuellen Berliner Trend Ausstellungsräume zur Präsentation der eigenen Kunstsammlung zu eröffnen, bildet die Sammlung von Erika Hoffmann einen angenehmen Gegenpol zum selbstdarstellerisches Gebaren von Sammlern wie Christian Boros (Sammlung Boros) und Thomas Olbricht (me Collectors Room).
Seit 1997 befindet sich die Sammlung Hoffmann in den Privaträumen der Familie in den Sophie-Gips-Höfen und kann dort jeweils samstags besichtigt werden. Die von Erika und Rolf Hoffmann zusammengetragene Sammlung hat ihren Anfang in den 1960er Jahren im Rheinland, was sich u.a. im Schwerpunkt auf Künstler der Gruppe ZERO zeigt, die damals dort besonders aktiv waren. Sie wird seitdem kontinuierlich um zeitgenössische Arbeiten ergänzt. Einmal im Jahr wird die Sammlung neu kuratiert, in diesem Jahr unter dem recht vagen Begriff der Grenze bzw. der Grenzüberschreitung. Neben bekannten Namen wie Hermann Nitsch, Arnulf Rainer und Ernesto Neto überrascht die Sammlung immer wieder mit Arbeiten von unbekannten, jungen Künstler wie Marike Schuurman oder Katarzyna Kozyra. Durch diese heterogene Mischung wird eine Ausrichtung auf die aktuellen Kunstmarkttrends vermieden, während insbesondere die wesentlich jüngere Sammlung von Boros geprägt ist durch die Lieblinge des Kunstmarktes der letzten Jahre, wie Anselm Reyle, Olafur Eliasson oder Tobias Rehberger.
Im Unterschied zu den Ausstellungsräumen von Boros und Olbricht sind die Räume der Sammlung Hoffmann zugleich deren Privaträume, die auch als solche genutzt werden. Es handelt sich nicht um einen eigens erbauten white oder besser grey cube, sondern um Wohnräume ... weiterlesen »

BREMENSHANNON BOOL: THE INVERTED HAREM

Pub-Teppich im Harem

6. Januar 2011 von Adriane Kerkhoff
Billige Pub-Teppiche haben mit schleierhaften Haremsphantasien wenig zu tun. Die kanadische Künstlerin Shannon Bool schafft Verbindungen zwischen augenscheinlich Artfremdem und bedient sich dabei bei poststrukturalistischen Philosophen wie Gilles Deleuze. Nichts wirkliche Neues; dennoch ist Bools erste institutionelle Einzelausstellung in Deutschland in der Bremer Gesellschaft für Aktuelle Kunst ästhetisch recht gelungen.
Erst mal ein Glas von der „Fasel-Liese“: Gleich zu Beginn der Ausstellung „The Inverted Harem I“ von Shannon Bool konnten sich die Besucher an der Bar-Installation mit Äpfeln und Sekt eindecken. „So bekommt man einen leichteren Einstieg ins Gespräch über die Kunst“, erklärt Kuratorin und GAK-Direktorin Janneke de Vries. Aufgefallen ist das leider kaum jemanden, die Bar in der Ecke wirkt, als würde sie nicht zur Ausstellung gehören und wird so links liegen gelassen.
Neben der „Bar“ gibt es weitere Anspielungen auf einen Pub: „Pub Stair Carpet“ ist eine mit billigem Teppich beklebte Treppe, die aus der Wand kommt und als Raumteiler wirkt. Bool entlieh das orientalische Teppichmuster einem Musterbuch für Pub-Teppiche und ließ ... weiterlesen »

HAMBURGRODNEY GRAHAM: THROUGH THE FOREST

Der Schauspieler ist ein Mensch

1. Januar 2011 von Erik Stein
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Hitchcock nach Drehschluss? Dan Graham in "Halcion Sleep" von 1994 (Videostill)
Wesentliche Merkmale unserer Zeit sind die weitestgehende Flexibilisierung von Glaubwürdigkeit und die Allgegenwart des Celebrity-Prinzips. Es hat dieser Tage also mindestens zwei gute Gründe von folgenden künstlerischen Motiven Abstand zu nehmen: der Ironie und dem Ins-Bild-setzen des Künstlers. Sie sind ... weiterlesen »