Der Donnerstag hat seinen Betrieb auf unbestimmte Zeit eingestellt. d. Red.

DÜSSELDORFHENNING AREND: SPLITTERKRIZT

Rückkehr im Leichentuch

27. April 2011 von Jessica Marbles
Splitterkrizt ist auferstanden! Neun Jahre nachdem er sich zum letzten Mal blicken ließ, betrat Rapper Splitterkrizt am Freitagabend des 15. April erneut die Bühne um seine „Wiedergeburt“ zu zelebrieren. Es war daher nicht irgendeine Bühne, keine solche, wie man sie erwarten würde, wenn man von Splitterkrizt noch nie gehört hat, und wenn man den Künstler Henning Arend nicht kennt, der für seinen "Bruder im Geist" ein Atelier in der Kunstakademie zur Bühne umarbeitete. Darum sei kurz gesagt, dass es sich bei Splitterkrizt um einen Berliner Underground-Rapper und bei Henning Arend um einen Düsseldorfer Kunststudenten handelt.
Abbildung zu
Als braute sich etwas zusammen: Splitterkrizt in der Kunstakademie (© Henning Arend)
Das hauptsächlich über Mundpropaganda angekündigte Spektakel zog besonders das männliche Publikum an und es überfüllte den Raum bis auf die Flure hinaus. Von düsteren Klängen umgeben betrat man eine gespenstische Szene: Das Zentrum des abgedunkelten Raumes füllten sieben Gebetsbänke aus ... weiterlesen »

HANNOVERDAVID LACHAPELLE: EARTH LAUGHS IN FLOWERS

The Magic of the Moment

25. April 2011 von Anton Rohrheimer
In ungewollter Konferenzschaltung erlebte man am heutigen Montagnachmittag gleich zwei Ostermessen in den Ausstellungsräumen der Kestner-Gesellschaft. Doch weniger dem Schicksal der Auferstehung, als seinem trüben irdischen Kompagnon, der Vergänglichkeit, galt die doppelte Andacht. Einer ersten, besonders unmittelbaren Huldigung des doch bitte zu verweilenden Augenblickes folgte man akustisch: "Don't stoooop!" schrie es aus der benachbarten Tanzhalle des privaten Radiosenders "FFN", wonach dem extasierten DJ der Osterhitparaden-Party eine selig trunkene Menge ihre Ich-Auflösung nicht minder lauthals bestätigte. Wie gerufen war diese Szene für die Beschallung der überaus kirchlich gehängten "Earth Laughs in Flowers", einer relativ neuen Fotoserie welkender Blumenstillleben von David LaChapelle.
LaChapelle also, der Prediger der zweiten, der visuellen Kapelle, geizte nicht minder mit Direktheit: Großformatige, leicht weich gezeichnete Abbildungen überbordender Blumensträuße, die so naheliegende Insignien der Konsumkultur wie Pringelsdosen, Drogenbesteck, Plastikobst und Mobiltelefonen umrankten. Den Metaphern gleich war auch die ... weiterlesen »

BREMENFREIBEUTER DER UTOPIE

Die Utopien von Vorgestern

23. April 2011 von Adriane Kerkhoff
Die Idee ist eigentlich nicht schlecht: Sich in politischen Zeiten der Umbrüche (man denke an die jüngsten arabischen Aufstände) über das unausgesprochene Gesetz, das politische Kunst ins belächelte Abseits verbannt, hinwegzusetzen, und eine Schau zu politisch-künstlerischen Utopien auszurichten. Und auch die Hängung wirkt gut überlegt. Weserburg-Chef Carsten Ahrens setzt die Fotografien, Filme, Skulpturen und Schriftstücke miteinander in Beziehung. Von der Rauminstallation „Anthro/Socio“ von Bruce Nauman zu Beginn der Ausstellung, bis zu Jonathan Meeses „Diktatur der Kunst“ zum Abschluss, ziehen sich Zitate, etwa aus Heiner Müllers Hamlet-Maschine, als roter Faden durch die Schau und verbinden die Exponate zu einem großen Ganzen. So werden die Nauman-Köpfe, die den Besucher rotierend von sechs Fernsehern und drei großen Leinwänden anflehen: „eat me – feed me – hurt me“ zu einem sehr gelungenen Einstieg und machen durch ihre laute, anklagende Hilflosigkeit sensibel für die folgenden Ideen einer anderen Welt.
Etwa die Installation „Democracies“ von Artur Žmijewski schlägt einem mit zehn Fernsehern entgegen, auf denen polnische Neonazis, israelische Truppen, religiöse Fanatiker und 1. Mai-Demonstranten in Berlin marschieren. Dass deren Ausdruck, die Gesten und die Szenen sich ähneln, setzt die Ideologien ... weiterlesen »

HAMBURGMORITZ SÄNGER & TILMAN WALTHER: ALLES WAS DER FALL

Tractatus logico-photographicus

21. April 2011 von Erik Stein
Erst kürzlich hat Wolfgang Kemp den Titel eines Kunstwerks als dessen Wichtigstes hervorgehoben. Statistisch zumindest: Im Durchschnitt investierten Museumsbesucher für das Werk selbst nämlich nur zwei, ganze vier Sekunden ihrer Aufmerksamkeit aber für den Titel. Nun ist das mit Statistiken so eine Sache und auch diese wird kaum dazu beitragen, der tendenziellen Unterbewertung von Titeln entgegenzuwirken. Moritz Sänger und Tillman Walther haben bei ihrer aktuellen Ausstellung in der Galerie Genscher darauf verzichtet, die Titel der einzelnen Arbeiten offenzulegen. Vielleicht braucht es das auch gar nicht, wenn man mit dem Ausstellungstitel selbst schon dermaßen vorlegt. „Alles was der Fall ist“ ist Teil des ersten und damit logisch gewichtigsten Satzes von Wittgensteins Tractatus logico-philosophicus. Vollständig lautet er: „Die Welt ist alles, was der Fall ist“. Doppelt bemerkenswert ist dieser Titel, weil er mit Wittgenstein einen Denker zurück ins Spielfeld rückt, der aktuell ziemlich jenseits der Kunstdiskurse siedelt, und weil er zudem Teil einer logischen Gleichung ist, auf dessen Gegenseite nichts weniger steht als: die Welt.
Für gewöhnlich sollte man misstrauisch werden, wenn einem auf Flyern und Plakaten die Welt versprochen wird. Weil in der Kunst die Weltbehauptung aber eine solche Seltenheit geworden ist, steht und fällt die Ausstellung auch mit dieser kühnen und bemerkenswerten Ansage. weiterlesen »

KÖLN45. ART COLOGNE

Sehen oder gesehen werden?

19. April 2011 von Niele Büchner
In der Messeberichterstattung namhafter Tageszeitungen wird meist über Preise verkaufter und nicht verkaufter Arbeiten geschrieben. Neben den teilnehmenden hält man vielleicht noch die Namen der hofierten, aber nicht erschienen Galerien, bzw. der Galerien, die sich beworben haben, aber nicht genommen wurden, für erwähnenswert. Zu durchschauen, welche Galerie allein durch ihren Namen einer Messe im Konkurrenzkampf nun Auftrieb verschafft und welche eher nicht dabei sein sollte, scheint mir eine unlösbare Aufgabe. Allein, dass es sich um Geklüngel handelt, wird mir immer klarer. Dass es auf einer Messe noch mehr zu sehen und zu kommentieren gibt als Preise und welche Galerie nun dabei ist oder nicht, aber auch.
Doch zunächst drängt sich der Eindruck auf, hier gehe es eher um Celebrity als um Kunst. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass man aus Berlin solch betuchten Geldadel wie er in Köln zu sehen ist, einfach nicht gewohnt ist ... weiterlesen »

BREMENDÖRTE BEHN: NEUE RÄUME

Gewebter Raum

15. April 2011 von Adriane Kerkhoff
Dörthe Behn überträgt Räumlichkeit, etwa die ihres Ateliers in Berlin, auf Grundrisszeichnungen, abstrahiert und verfremdet diese und setzt sie als Modelle aus Graupappe zurück in die Dreidimensionalität. So kann man, wenn man durch einen schmalen Schlitz in einem grauen Kasten sieht, einen langen Flur und die angelehnte Ateliertüre sehen, was einen interessanten Alice-im-Wunderland-Effekt auslöst. Es geht Behn dabei um Genauigkeit, also darum, ihre Ideen möglichst akkurat umzusetzen. Ihre kubischen Objekte sind zugleich abstrakt und streng mathematisch, filigran und akkurat geometrisch.
Behns Stoff-Skulpturen, die bereits in Kyoto und Großbritannien ausgestellt waren, sind abstrakte Gebilde aus transparent gearbeitetem Leinen. An Nylonfäden schweben sie im großen, hellen Raum. Bei genauerer Betrachtung wird schnell deutlich, dass die ineinander verschachtelten Stoffbahnen geometrische Figuren ergeben und ... weiterlesen »