Der Donnerstag hat seinen Betrieb auf unbestimmte Zeit eingestellt. d. Red.

KÖLN45. ART COLOGNE

Sehen oder gesehen werden?

19. April 2011 von Niele Büchner
In der Messeberichterstattung namhafter Tageszeitungen wird meist über Preise verkaufter und nicht verkaufter Arbeiten geschrieben. Neben den teilnehmenden hält man vielleicht noch die Namen der hofierten, aber nicht erschienen Galerien, bzw. der Galerien, die sich beworben haben, aber nicht genommen wurden, für erwähnenswert. Zu durchschauen, welche Galerie allein durch ihren Namen einer Messe im Konkurrenzkampf nun Auftrieb verschafft und welche eher nicht dabei sein sollte, scheint mir eine unlösbare Aufgabe. Allein, dass es sich um Geklüngel handelt, wird mir immer klarer. Dass es auf einer Messe noch mehr zu sehen und zu kommentieren gibt als Preise und welche Galerie nun dabei ist oder nicht, aber auch.
Doch zunächst drängt sich der Eindruck auf, hier gehe es eher um Celebrity als um Kunst. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass man aus Berlin solch betuchten Geldadel wie er in Köln zu sehen ist, einfach nicht gewohnt ist. Jedenfalls sieht man eine Menge wohlhabender Leute hinter dem Messeleiter Daniel Hug herlaufen oder im eigens für exquisite Gäste abgesperrten Gastrobereich innerhalb des „Open Space Reader’s Lounge“ kalorienreduzierte Häppchen essen. Eine Gruppe älterer Damen, die sich aus Mangel an alternativen Sitzplätzen hineingeschmuggelte, wurde dagegen sofort wieder hinauskomplementiert. Dabei will der „Open Space“ ein kommunikatives Zentrum sein!
Die neu eingerichtete „Reader’s Lounge“ ist ein schönes Beispiel für die Absurdität dieser Veranstaltung – und das Auseinandergehen von Inszenierung und Wirklichkeit. Denn wer will schon auf einer Messe mit schlechter Luft und überteuerten Preisen verweilen und entspannt Kataloge und Magazine durchblättern, wie es in der dazugehörigen Broschüre heißt? Die Messe ist doch zum Kaufen da! Oder doch eher zum Gucken? Und gesehen werden?
Tatsächlich ist es der Art Cologne gelungen wieder zu einem Treffpunkt der Kunstszene zu werden – wobei ich selbstkritisch gestehen muss, dass ich dies eigentlich nicht beurteilen kann, war ich doch nur die letzten drei Jahre auf der Messe. Doch war ich tatsächlich erstaunt über die Vielzahl von Kuratoren und Museumsmenschen, die sich auf der Messe tummelten. Auch wenn viele Sammler, Galerien und Künstler nach Berlin abwandern, gibt es im Rheinland traditionell eine Vielzahl von Institutionen, deren Mitarbeiter sich gerne auf der Art Cologne umschauen. Daniel Hug, seit 2008 Leiter der Messe, scheint es geschafft zu haben, das Image der verschlafenen Messe aufzupolieren, was sich an den anwesenden namhaften Galerien ebenso ablesen lässt wie an den zahlreichen positiven Presseberichten über die Messe.
Wollte ich nicht eigentlich über Kunst schreiben – und gerade nicht über Preise und Galerienamen? Wie schwer dies ist, weil man durch andere Artikel ebenso abgelenkt wird wie durch den ganzen Drumherum-Zirkus, wird mir erst jetzt beim Schreiben klar. Es wird einem durch die Vielzahl an Veranstaltungen, Preisverleihungen und Ausstellern von Galerien über Verlagen, Magazinen und lokalen Institutionen aber auch nicht leicht gemacht. Und auch die Kunst kann nur schwer überzeugen, wenn sie in Petersburger Hängung in überfüllten Kojen um Aufmerksamkeit kämpfen muss. Eine Ausnahme bildete dagegen der Stand der „Galerie für Landschaftskunst“, der es gelang, ihren Stand auch zu kuratieren und nicht nur zu behängen. Durch das Einziehen einer Wand mit Weltkartentapete und mehreren Uhren, die verschiedene Zeitzonen anzeigten, bekam der Stand das Flair einer Bank- bzw. eines Wartesaals verliehen.
Eine angenehme Abwechslung zu den Galeriekojen ist zudem der „Open Space“-Bereich, in dem etablierte und weniger etablierte (neudeutsch: internationale Erstteilnehmer) jeweils eine künstlerische Position präsentierten. Die diesjährige Reduktion der Anzahl der Galerien machte sich dabei weniger bemerkbar wie die neue Ordnung, die nun, statt schräg zu den üblichen Messestände stehend, diese fortsetzte, was ihr ein wenig die Leichtigkeit und Offenheit der letzten Jahre nahm. Überzeugen konnten hier u.a. Thomas Baldischwyler (vertreten durch die Galerie Conradi, Hamburg) mit einer mehrteiligen abstrakt-sinnlichen Installation, die er zum Teil mit Kreide direkt auf die Wand auftrug. Auch die vier großformatigen Malereien von Anne Neukamp (vertreten durch die Galerie Chez Valentin, Paris) wirkten konzentriert und hoben sich angenehm von den etwas angestrengt wirkenden konzeptuellen Fotografien von Annette Kelm oder den fast kitschig wirkenden Malereien von Benedikt Hipp ab, die durch die salonhafte Gestaltung der kleinen Koje etwas überinszeniert wirkten.