Der Donnerstag hat seinen Betrieb auf unbestimmte Zeit eingestellt. d. Red.

BONNANNETTE KELM & MICHAELA MEISE: HALLO ABER

Hallo, aber egal

1. März 2012 von Olaf Mährenbach
Es ist doch erstaunlich, welch widersprüchliche Erwartungen an Gruppenausstellungen geknüpft sind. Auf der einen Seite soll ein gemeinsamer Rahmen sichtbar sein, ein thematischer Zusammenhang, eine verbindende Erzählung. Auf der anderen Seite muss jeder Künstler als Einzelner erkannt werden, eine Handschrift sichtbar, der individuelle Kosmos des Protagonisten spürbar sein. Letzteres ist sicherlich ein Resultat der ungebrochenen Forderung nach dem Künstler als Individualist, und damit letzten Endes: als Genie.
Eine mögliche Lösung dieses Dilemmas könnte in wirklicher Kooperation liegen. Ein gemeinsames Projekt, bei dem alle Teilnehmer auf die Präsentation individueller Arbeit verzichten und versuchen als Gruppe sinnvoll zu Arbeiten. Diesem Vorgehen begegnet man leider äußerst selten und auch in ... weiterlesen »

KÖLNVOR DEM GESETZ

Do the right thing!

15. Februar 2012 von Bobby Briggs
Kaspar Königs Vorwort im Katalog zu seiner Abschiedsausstellung ist eine Ansage, die in Gänze zitiert werden muss:

„Mit der Ausstellung 'Vor dem Gesetz', meiner letzten programmatischen Ausstellung im Museum Ludwig, möchte ich ein Plädoyer für das Museum halten. Und zwar für ein Museum als Ort einer öffentlichen Kunstsammlung, an dem die bildende Kunst als Teil des kulturellen Gedächtnisses und der Identität einer Gesellschaft archiviert und reflektiert wird. Ein Ort, an dem die historisch gewachsene Sammlung in einen Dialog mit zeitgenössischen Arbeiten tritt und so eine wechselseitige kritische und zeitgemäße Beobachtung eröffnet wird. Eine historische und aktuelle Prüfung, wie sie ein Museum sowohl durch die Geschichte seiner Sammlung wie auch durch seine räumliche Gegebenheit möglich macht, halte ich für unabdingbar – für eine produktive Auseinandersetzung mit Kunst und dem, was Kunst leisten und nicht leisten kann innerhalb unserer Gesellschaft, in der der Bewegungsspielraum jedes Einzelnen immer größer erscheint.“
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Plakat zur Ausstellung (Courtesy Museum Ludwig)
Der Grund dafür, dass er diesem Anspruch in weiten Teilen gerecht wurde, könnte im Folgenden liegen: Die Zutaten, aus denen er seine Schau zusammenstellte, sind allesamt sowohl spezifisch als auch allgemein relevant und verständlich – als da wären: eine titelgebende Kurzgeschichte ... weiterlesen »

BERLINRENÉ POLLESCH: DER DIALOG IST EIN...

Vorhang auf: die Galerie als Bühne

29. Januar 2012 von Niele Büchner
Immer wieder werden die Grenzen der Kunst durch ihr In-Beziehung setzen mit anderen Disziplinen neu verhandelt. Besonders intensiv wird momentan ihr Verhältnis zur Wissenschaft diskutiert, denken wir an Carsten Höllers Versuchsanordnung im Hamburger Bahnhof oder das Techtelmechtel von Kunst und Philosophie in der jüngsten Ausstellung von Marcus Steinweg. Zwei aktuelle Galerieausstellungen in Berlin nehmen die nächste interdisziplinäre Vermählung in Angriff und richten ihre Räume als Bühne ein.
In der Galerie Buchholz sind noch bis zum 4. Februar Teile von „Der Dialog ist ein unverständlicher Klassiker – Der Schnittchenkauf 2011-2012“ von René Pollesch zu sehen. Wobei sehen vielleicht der falsche Ausdruck ist, denn zu sehen gibt es wenig. Im ... weiterlesen »

ESSENAERNOUT MIK: COMMUNITAS

Sanfte Augen

20. Januar 2012 von Erik Stein
„What do you need at a crime scene?
Soft eyes. If you got soft eyes, you can see
the whole thing. If you got hard eyes – you’re
staring at the same tree missing the forest.“
(William „Bunk“ Moreland, The Wire)

Das politische Potenzial künstlerischer Praxis ist zurückgekehrt in den Themenkreis der feuilletonistischen Öffentlichkeit. In puncto Aufmerksamkeit scheint Artur Żmijewskis Berlin Biennale bereits jetzt erfolgreicher als alle Fachkongresse, Themenhefte und -ausstellungen des vergangenen Jahres zusammen. Die Frage, wie „politische Kunst“ 2012 aussehen muss, ist nun bestens platziert, und das allgemeine Interesse in Erwartung einer Antwort Richtung Berlin gelenkt, wo die Biennale am 29. April eröffnet wird. Bis dahin warten muss man nicht, denn mit ihrer Werkschau des Niederländers Aernout Mik hat das Essener Folkwang Museum bereits zusammengetragen, was in Sachen „politischer Kunst“ heute State of the Art ist.
Aber noch mal zum Berliner Vorspiel: Mit Aussagen wie der, die Kunst habe mit ihrer Kommerzialisierung ihren öffentlichen Auftrag verspielt, trifft Żmijewski den Nagel ebenso auf den Kopf wie mit der Kritik an der sozialen „Mitleidsterminologie“ der Kunstwelt und dem „Opportunismus vermeintlich rebellischer oder provokanter Künstler“ (vgl. Interview im aktuellen Magazin der Kulturstiftung). Die kuratorischen Konsequenzen, die er aus diesen treffsicheren Zustandsbeschreibungen zieht, scheinen zugunsten politischer Programmatik jedoch auf eine Art ästhetische Resignation hinauszulaufen. Bisher jedenfalls forciert die Berlin Biennale ausdrücklich Projekte, deren primärer Auftrag der direkte politischer Effekt ist. So erfüllte sich im medialen Aufschrei der vergangenen Woche bereits der des Sarrazin-Buchrecyclings von Martin Zet. Es ist zumindest zu vermuten, dass die ästhetische Erfahrung seiner im April folgenden Bücherinstallation eher seicht ausfallen wird.
Es mag ja als vereinzeltes künstlerisches Statement funktionieren, wenn Künstler die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel lieber einer konkreten und dezidiert politischen Aktion zuführen. Gelungen ist das Hans-Peter Feldmann 2007 bei der „Skulptur Projekte“ in Münster mit seiner WC-Anlage am ... weiterlesen »

HAMBURGFRANKFURTER APPLAUS

Frankfurt is over

20. Dezember 2011 von Anton Rohrheimer
Inmitten einer begeisterten Beschreibung kühler fotografischer Stillleben (Annette Kelm et al.) rutscht Silke Hohmann in der letzten Monopol eine luzide Bauanleitung für zeitgenössische Kunst zwischen die Zeilen: „Neben bestimmten formalen Qualitäten, die Vorraussetzung sind, darf das Objekt nicht zu eindeutig sein, es muss symbolisches Potenzial in sich tragen. Keine spezifische Symbolik, aber die prinzipielle Fähigkeit, Bedeutung auf sich zu nehmen – je unterschiedlicher, desto besser.“ Vor allem der beschwingte Nachsatz hat es in sich: euphorischer Eklektizismus – entdecke die Möglichkeiten!
Die Kunstwelt ist klein und glaubensfest. Ihr Publikum ist trainiert in andächtiger Würdigung von möglichst unspezifischen gleichsam unterschiedlichen möglichen Bedeutungen. Man hat gelernt: Wenn Künstler „sich nicht festlegen auf diese oder jene Absicht“, heißt das nicht, „es gäbe diese Absichten nicht“, wie Hohmann etwas weiter im Text feststellt.
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Das Schaufenster der Power Galerie in Hamburg: Applaus! (Foto: Power Galerie)
Wie ein Atheist in der Kirche fühlt man sich dann auch in der Hamburger Power Galerie. Die hat sich gerade „Frankfurter Applaus“ auf die Scheiben geklebt und 13 gealterte Herren versammelt, die sich in den neunziger Jahren mal eine „postpubertäre ... weiterlesen »

KÖLNOMER FAST

So you can drive while you drive

30. November 2011 von Michael Staiger
Der Kölner Kunstverein beweist ein weiteres Mal seine sichere Hand für erstklassige Ausstellungen. Bis zum 18.12 gibt es dort noch zwei großartige Filme von Omer Fast zu sehen, die sich in der Vermittlung von Vermittlung verstricken und MTV-Weihnachtsmann Xzibit en passant zu einem großen Denker unserer Zeit erheben.
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Nicht von Fast, aber vom selben Baum der Erkenntis: Xzibit Meme
Zur Veranschaulichung von Fasts Arbeitsweise und dem Charakter der Präsentation eignet sich vor allem die erste im Hauptraum des Kunstvereins aufgebaute Arbeit. "5000 Feet is the Best" ist ein gelooptes Video, das aus mehreren Sequenzen besteht, wovon einige wiederum fast identisch wiederholt werden. Variiert werden Dialoge oder kurze Handlungsstränge. Da das Video ohne bemerkbaren Schnitt geloopt wird, gibt es weder Anfang noch Ende noch chronologisch fortschreitende Dramaturgie. Das gemeinsame, vordergründige Thema der Sequenzen ist der Einsatz von kampffähigen, ferngesteuerten Drohnen im Afghanistankrieg. Besonders die Sicht der Drohnenpiloten, welche meist aus Einsatzzentren in den USA operieren, steht im Mittelpunkt der Arbeit.
Als grundlegendes Element dieser Arbeit dienen Aufnahmen eines Interviews mit einem Piloten, der mehrere Monate Drohneneinsätze über Afghanistan geflogen ist. In diesen Aufnahmen bleibt das Gesicht des Piloten unkenntlich, nur seine Stimme ist zu hören, die von den Erlebnissen dieser ... weiterlesen »