Der Kölner Kunstverein beweist ein weiteres Mal seine
sichere Hand für erstklassige Ausstellungen. Bis zum 18.12 gibt es dort noch
zwei großartige Filme von Omer Fast zu sehen, die sich in der Vermittlung von Vermittlung verstricken und MTV-Weihnachtsmann Xzibit en passant zu einem großen Denker unserer Zeit erheben.
Zur Veranschaulichung von Fasts Arbeitsweise und dem Charakter der Präsentation eignet sich vor allem die erste im Hauptraum des Kunstvereins aufgebaute Arbeit. "5000 Feet is
the Best" ist ein gelooptes Video, das aus mehreren Sequenzen besteht, wovon einige wiederum fast identisch wiederholt werden. Variiert werden Dialoge
oder kurze Handlungsstränge. Da das Video ohne bemerkbaren Schnitt
geloopt wird, gibt es weder Anfang noch Ende noch chronologisch
fortschreitende Dramaturgie. Das gemeinsame, vordergründige Thema der Sequenzen ist der Einsatz von kampffähigen, ferngesteuerten Drohnen im Afghanistankrieg.
Besonders die Sicht der Drohnenpiloten, welche meist aus
Einsatzzentren in den USA operieren, steht im Mittelpunkt der Arbeit.
Als grundlegendes Element dieser Arbeit dienen Aufnahmen eines Interviews mit einem Piloten, der mehrere Monate Drohneneinsätze über Afghanistan geflogen ist. In diesen Aufnahmen bleibt das Gesicht des Piloten unkenntlich, nur seine Stimme ist zu hören, die von den Erlebnissen dieser Einsätze berichtet.
Das Hauptmotiv dieser Berichte ist die vermittelte Erfahrung dieser
Art von Kriegsführung. Die Beziehung des Piloten zum Krieg
konstituiert sich hauptsächlich durch Video und scheint deshalb nur
bedingt real. Der Pilot (ebenso wie die meisten seiner Kollegen)
brauchte Monate um sich den Folgen seiner Handlungen überhaupt bewusst
zu werden. Wirklichkeit schien sich nur anhand beiläufiger Details zu vermitteln. Erst
wenn er beispielsweise in der Lage war, die Schuhmarke seiner Opfer zu
erkennen, hatte er das Gefühl, es mit wirklichen Menschen zu tun zu
haben.
Auch diese Sequenz wird von anderen, teils fiktiven Einstellungen
unterbrochen und wiederholt nach dem ersten Loop des Videos. Spätestens in der Wiederholung drängt sich dem Betrachter eine abgründige Analogie zur eigenen Position auf: Sein Zugang zur Geschichte
des Piloten ist auf die gleiche Weise vermittelt, wie der des
Piloten zum Krieg: durch bewegte Bilder. In diesem Strom von Bildern und
Geschichten ist es nicht nur bedingt möglich, Dokumentation von Fiktion
zu unterscheiden, es ist nahezu unmöglich die Wirklichkeitserfahrung etwa des Berufs eines
Drohnenpiloten nachzuvollziehen. Die Grenzen verschwimmen analog zu denen des Piloten am Computer.
Die Folgen dieser Dopplung werden an einer
Stelle besonders deutlich (bzw. mehreren Stellen, da auch diese
Sequenz abgewandelt wiederholt wird). Parallel zu dem echten Interview
gibt es noch ein inszeniertes, bei dem Schauspieler die Rollen von
Pilot und Interviewer übernehmen. Darin wird der Pilot vom
Journalisten gefragt, was der Unterschied zwischen einem
Drohnenpiloten und einem "echten" Kampfpiloten sei, der sich
tatsächlich im Kriegsgebiet befindet. Der Gefragte entgegnet, es gäbe
überhaupt keinen Unterschied, denn andernfalls wäre der Journalist eben
auch kein echter Journalist. Und jetzt wird es interessant:
Die Fiktion im Video wird zu unserer Wirklichkeit, zur Wirklichkeit der Betrachter. Wir wissen ja tatsächlich, dass der Journalist kein echter Journalist sondern
Schauspieler ist, genauso wie der echte Pilot weiß, dass seine Ziele
echte Menschen sind, obwohl er in der Fiktion übermittelter
Videobilder handelt.
Diese Art von Kongruenz ist der Grundzug von Omer Fasts ästhetischer Methodik. Sie
kommt einem Hinter- oder Nebeneinanderreihen von Sachverhalten
gleich, wobei deren Ähnlichkeiten ein immer engmaschigeres Geflecht von Ambivalenzen knüpfen. Zu entdecken gibt es diese Verflechtungen immer wieder und in unterschiedlichsten
Größenordnungen. Mal geht es um Krieg, mal um Nachrichten, mal um
Computerspiele, manchmal nur um den Wahrheitsgehalt von
Unterhaltungsgeschichten.
Diese von Wiederholungen, Verfremdungen und Ähnlichkeiten geprägte
Bewegung bestimmt die gesamte Struktur der Ausstellung. Auch selbst schweift
man eher umher, körperlich wie geistig. Die Aufmerksamkeit wird
eingefangen, wieder gebrochen und irgendwo dazwischen gibt es
erstaunlich deutliche Verbindungen und Überschneidungen.
Bei aller Mittelbarkeit von Wirklichkeit bleibt festzustellen, dass
Omer Fast seine Mittel wirklich im Griff hat. Guter Mann!