Der Donnerstag hat seinen Betrieb auf unbestimmte Zeit eingestellt. d. Red.

WOHIN MIT KREATIVITÄT?

Ab in den Giftschrank!

6. November 2010 von Erik Stein
In der aktuellen "Zeit" gibt es ein kleines, aber bemerkenswertes Interview mit dem Soziologen Ulrich Bröckling. Das Gespräch mit Zeit-Redakteur Thomas Assheuer ergänzt einen dreiseitigen Artikel zur „neuen K-Klasse“, zur kreativen Klasse, den Kulturarbeitern in deutschen Großstädten. Zwei Zitate Bröcklings möchte ich Euch nicht vorenthalten. Das erste zum Begriff "kreativ", der seit Jahren ja schon einen gewissen Brechreiz auszulösen versteht, zumal in den besseren Kreisen der Düsseldorfer Kunstakademie, wo man das Merz-Credo "Kreativität ist etwas für Frisöre!" ja noch mit der künstlerischen Muttermilch aufgesogen hat. Bröckling jedenfalls würde zustimmen:
"Das Wort ist vergiftet, weil man es auf wirtschaftliche Innovationen heruntergebrochen hat. Für Richard Florida, den Erfinder der 'creative class', ist kreativ das, was ökonomischen Mehrwert und Wachstum schafft. Um das zu retten, was Kreativität einmal im emphatischen Sinne bedeutet hat, müsste man den Begriff für ein paar Jahre in den Giftschrank sperren."
Oh ja, gerne auch für länger! Und das zweite aufschlussreiche Zitat zum Neuen in der Kunst:
"Künstler produzieren Differenzen, sie brechen Regeln, überschreiten Grenzen. Genau das fordert auch der Markt. Anders gesagt: Zwischen der modernen Kunst und der unternehmerischen Tätigkeit besteht eine strukturelle Verwandtschaft. Moderne Kunst bricht den alten Formenkanon auf und produziert Neues. Und der der Unternehmer ist gerade kein bloßer Verwalter, sondern ein ‚schöpferischer Zerstörer", wie das der Ökonom Joseph Schumpeter genannt hat. […]" (aus Die Zeit vom 4. November 2010, S. 50/51) Word!