Der Donnerstag hat seinen Betrieb auf unbestimmte Zeit eingestellt. d. Red.

DÜSSELDORFJOSEPH BEUYS: PARALLELPROZESSE

Völlerei im Tempel

24. Oktober 2010 von Erik Stein
Dagegen, dass Marion Ackermann bei der Wiedereröffnung des K20 mit einer Joseph-Beuys-Retrospektive auf Nummer sicher geht, wäre überhaupt nichts zu sagen. Die Ausstellung selbst aber folgt nur zu konsequent der nichtvorhandenen Linie Ackermanns. Schon ihr als "Silent Revolution" angekündigtes Durcheinander von klassischer Moderne und Zeitgenossenschaft ist im Grunde nur eine Wiederholung jenes kuratorischen Übermuts, den man auf der letzten Documenta bereits zu genüge vorgeführt bekommen hatte. Wer auf eine historische Trennung verzichtet, sollte man dafür gute Gründe haben. Die konnte man bei Ruth Noack und Roger M. Buergel mit einigem Recht noch unterstellen. In Anbetracht der dürftigen Literatur zum neuen Ausstellungskonzept von K20/K21 vermisst man bei Ackermann aber sogar ein triftiges, diskursives Motiv.
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Marke Beuys In Düsseldorf derzeit kaum zu umgehen
Wer einen ganzen Assoziationsfächer aufdrehen möchte, läuft schnell Gefahr, ein weites Feld von Beliebigkeiten zu hinterlassen – Ackermann ergeht es nicht anders als Noack und Buergel, wenn ihr Presseecho bislang auch auffallend mild ausfiel (was bei der Documenta ja ganz und gar nicht der Fall war). Wenn, wie in der Sammlungspräsentation im K20, ein voluminöser Vielfarbenklotz von Donald Judd auf drei Meter an großformatige Farbstreifen von Kenneth Noland herangeschoben wird, dann ergibt sich daraus weder eine sonderlich neue, noch irgendwie erhellende Konstellation, sondern achtlose Konfusion, die dem Auge unnötig Gewalt antut.
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Noch ne Marke Irgendwann sieht man ihn überall
Bei Beuys aber, um den es vielleicht weniger schade ist, wird die Konfusion auf die Spitze getrieben. Von einigen wenigen raumgreifenden Arbeiten abgesehen, wird da wild zusammengestellt, was man vom Fettecken-Zauberer auftreiben konnte. Da werden Videodokumentationen kommentarlos neben Andacht schreiende Reliquien, neben mittelmäßigen Zeichnungen präsentiert, denen der Meister selbst offensichtlich kaum Bedeutung beigemessen hat. Auch wenn wenige Künstler seiner Zeit heute vergangener scheinen als Beuys, eine Auseinandersetzung mit ihm würde ja gerade deshalb lohnen. Aber was soll der Besucher mit diesen Null-Zeichnungen? Warum das ganze Durcheinander? Immerhin konsequent sind da die Ruhmeshallen für die beiden Installationen "Palazzo Regale" und "Zeige deine Wunde!". Da kann man sich wenigstens zur Andacht zurückziehen und beten, dass der ganze Beuys-Spuk bald wieder ein Ende hat.