In den Kasematten der Bahn, in unmittelbarer Nachbarschaft zu Kunstverein und Deichtorhallen befindet sich die Galerie Mini Super. Ein Off-Projekt der charmanten Art. Die zwei Junggaleristen und Kunststudenten Fidel Morf und Johannes Wilde stießen durch jungenhafte Streunerei auf die drei kleinen Räume eines ehemaligen persischen Supermarktes, in denen sie seit Mai 2010 bereits sechs Ausstellungen organisiert haben. Dabei ist es ihnen wichtig, daß in ihrem Ausstellungsraum Einzelpositionen zum Zug kommen können, entgegen der beliebten 30-Künstler-in-einem-Raum-Shows. Strikt ist auch das grafische Konzept der Ausstellungsflyer, daß die beiden von dem noch erhalten Leuchtschild des Supermarktes übernahmen und nur in der Farbigkeit varieren.
Unregelmäßig, aber immer mittwochs finden die einabendlichen Openings statt, zuletzt unter der Ankündigung: "Galerie Mini Super buchstabiert Hannah Rath zeigt VOllOV". Rath, Absolventin der HfbK Hamburg, ist bekannt für ihre zarten, typografischen Arbeiten. Für Mini Super fertigte sie eine Wandarbeit aus mit einer A3-Schreibmaschine lückenlos betippten Blättern an, die jeweils eine Letter des Titels, dem zum Palindrom entfremdeten Follow zu VOIIOV füllte. Die einzelnen Blätter tapezierte sie in sechs Schichten unbestimmter Reihenfolge direkt auf die Wand und löste anschließend Fetzen aus dem Wandbild, wodurch die darunter liegenden Schichten zum Vorschein kamen. VOIIOV, nicht nur von links nach recht, oben und unten, sowie umgekehrt lesbar, sondern durch die Überlagerung auch in dritter Dimension. Die Vielfalt der Lesrichtungen, die Kunst oft fordert, um nicht didaktisch zu werden, ist ein Punkt, den die Papierarbeit evoziert. Gleichzeitig nimmt Rath aber auch direkten Bezug auf den maroden Chic des Ausstellungsraumes, der von seiner wörtlich gemeinten Vielschichtigkeit bestimmt ist. Hinter sich von der Wand blätternden Bahnen von Rauhfasertapete tritt Putz zutage, Löcher in der Wand geben den Blick auf behelfsmäßige Spanplatten oder rohes Mauerwerk frei. Kacheln, Styroporplatten und andere Wandkleider zeigen sich da.
Mietraum in Hamburg ist teuer. Auch die Lebenshaltungskosten für Studenten liegen im deutschlandweiten Vergleich auf einem hohen Niveau. Der anstehende Regierungswechsel in Hamburg bringt hoffentlich kulturpolitisch freundlichere Zeiten mit sich. Erschwingliche Mietobjekte für künstlerische Ausstellungsprojekte mit kleinem Budget wären von Nöten, um Hamburgs trostlose Galerienlandschaft zu bereichern, sodaß man sich nicht in feuchtkalten Räumen durch übermäßigen Bierkonsum bei Temperatur halten muß und der Schritt vom Off- zum In-Raum erleichtert wird.